Ausgangssituation:
Das Problem der Straßenhunde in Rumänien entstand in der Zeit des Kommunismus, das heißt in den 70er Jahren. Viele Menschen setzten ihre Hunde notgedrungen aus, als ihre Häuser abgerissen
wurden und sie in Wohnblocks ziehen mussten. Gegen die Streuner wurde ein gnadenloser Krieg geführt. Hunderttausende wurden schon barbarisch getötet, sei es mit dem Knüppel oder durch
Gift. Und doch blieben die Streuner am Leben. Viele Menschen fütterten die Hunde und versteckten sie vor den Hundefängern. Seit 1993 wurde dann das Problem der Straßenhunde öffentlich
diskutiert und die ersten Kastrationskampagnen gestartet. Gut gemeinte Programme wurden leider immer wieder boykottiert, da in Rumänien eine sogenannte Hundefängermafia durch die Existenz
der Straßenhunde und ihre Entsorgung verdient. Korrupte Politiker und Lokalfürsten, eine Hundefängermafia und ein tragischer Unfall, bei dem ein vierjähriger Junge von einem Hund getötet
wurde, sind der ideale Cocktail für eine beispiellose Jagd, die im September 2013 wieder einmal auf Rumäniens Straßenhunde begonnen hat.
Am Montag, den 2. September 2013, ereignete sich in Bukarest ein tragischer Unfall. Ein vierjähriger Junge, der unbeaufsichtigt in einem Park auf eine angrenzende Brachfläche lief, wurde von einem Hund angegriffen und getötet. Ministerpräsident Victor Ponta fand die richtigen Worte, als er das Unglück als „Tragödie“ bezeichnete. Bei aller Trauer um diesen schlimmen Vorfall, setzte in den Folgetagen eine bislang auch für rumänische Verhältnisse beispiellose Hatz und mediale Hetzkampagne gegen Straßenhunde ein. Populistische Politiker sprangen nur allzu gern auf den Zug auf und schürten die Hetzkampagne. Straßenhunde sind ein Thema, mit dem man in Rumänien im Wahlkampf immer punkten kann.
Der rumänische Präsident Traian Basescu drängte am Folgetag der Tragödie die Regierung eine Notfall-Verordnung zu erlassen, welche die Tötung aller Straßenhunde vorsieht. Einige Büros von
lokalen und ausländischen Tierschutzorganisationen mussten aufgrund von Morddrohungen vorübergehend schließen.
Der wahre Grund für diese medial inszenierte Massenhysterie ist wie so oft das Geld. In Rumänien gibt es eine Tierfängermafia, welche die Straßenhunde-Population künstlich hoch hält und
jede sinnvolle Form der Populationskontrolle (Kastrieren und Wiederaussetzen) torpediert. Immerhin geht es bei der Hundefängerei und Entsorgung um ein Millionengeschäft und für Rumäniens
Hundefänger begannen 2013 nun wieder goldene Zeiten. Der tragische Vorfall am Montag war für die Hundefänger-Mafia eine willkommene Gelegenheit, diese Geldquelle erneut anzuzapfen.
Der rumänische Tierrechtler Claudiu Dimitriu, selbst Vater einer kleinen Tochter und Zeuge der dramatischen Entwicklung, brachte die Verflechtungen und Hintergründe im Krisengebiet
treffend auf den Punkt: „Wann hat sich ein Präsident je dafür interessiert, dass noch heute Kinder in Kliniken sterben müssen, weil unsere Regierung nicht in das Gesundheitswesen
investiert? In unserem Land können Kinder auf Fußgängerwegen von Politikern angefahren und Kinder von ihren schlagenden Eltern misshandelt werden, Kinder sterben in brennenden Häusern,
ertrinken, lassen bei Verkehrsunfällen und durch die Fahrlässigkeit von Ärzten ihr Leben – doch dieses korrupte, graue und scheinbar zukunftslose Land weiß nach dem tragischen Kindestod
nun endlich, wer die wahren „Schuldigen“ sind: Die Straßenhunde, an denen sich jeder Mensch für alle erlittene Schmach rächen kann.“
(Quelle: Tasso)